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    Theater erleben: Schauspiel!

    Vier Inszenierungen, vier Regiehandschriften, vier Theater-Abende. Auch im Frühjahrssemester 2023 lädt die Volkshochschule Sie ein, das Staatstheater Braunschweig besonders intensiv zu erleben. Zu jedem Abend findet im Vorfeld der besuchten Vorstellung eine ausführliche 60-minütige Einführungsveranstaltung mit der Dramaturgin oder dem Dramaturgen statt, bei der die Teilnehmenden mehr über die Hintergründe von Stück und Inszenierung erfahren. Im Anschluss an die Vorstellung trifft sich die Gruppe wieder zum Nachgespräch, um das Gesehene mit den Künstler*innen zu reflektieren.

    Dozenten*innen: Katharina Gerschler, Holger Schröder, Daniele Szeredy, Ursula Thinnes

    Hinweis: Das Umbuchen einzelner Theater-Tickets auf andere Termine ist möglich und kann individuell direkt an der Kasse des Staatstheaters vorgenommen werden. Dafür fällt eine Bearbeitungsgebühr von jeweils 1 € an.

    DER WEG DER ARBEITENDEN KLASSE INS PARADIES
    Ein Projekt von Daniele Szeredy nach dem Film »La classe oparaia va in Paradiso« von Elio Petri und Ugo Pirro
    Uraufführung

    1971. Lulù, Prototyp des männlichen Beschäftigten in der Schwerindustrie, folgt den Aufstiegs- und Konsumversprechen des Wirtschaftsbooms und nimmt ungeheure Arbeitszeiten und körperliche Anstrengung in Kauf. Nach einem Arbeitsunfall erkennt er seine entfremdete Lage, politisiert sich und verliert den Arbeitsplatz. Durch gewerkschaftlichen Druck wird er zu leicht verbesserten Bedingungen wiedereingestellt. Zurück am Fließband, umgeben vom Lärm der Maschinen, erscheint ihm im Traum die Wand, die die Arbeitende Klasse durchbrechen muss, um ins Paradies zu gelangen.

    Fünfzig Jahre später schleppen prekär Beschäftigte Pakete die Treppe hinauf oder Schmutzwäsche hinunter, befüllen Supermarktregale, antworten am Ende von Hotlines, steuern Lkw, Busse oder die Räder von Bringdiensten. Vereinzelt und unorganisiert scheinen zersplitterte Gruppierungen nur für ihr individuelles Wohl zu kämpfen. Gleichzeitig lässt der Wirtschaftswandel, geprägt von Outsourcing, Flexibilisierung und Digitalisierung, alte Emanzipationslosungen überholt und utopisch klingen. Aber die Arbeitende Klasse besteht weiter, sichtbar als Körper im öffentlichen Raum und zugleich unsichtbar als politische Stimme. Und sie sucht weiter nach ihrem Weg ins Paradies.

    Daniele Szeredy, Regieassistent am Staatstheater Braunschweig und Autor, nutzt in seinem Theaterprojekt die Folie historischer Arbeitskämpfe für eine Betrachtung aktueller (prekärer) Arbeitsverhältnisse und die Erforschung von Möglichkeiten solidarischen Verhaltens.

    Einführungsveranstaltung mit der Dramaturgin Katharina Gerschler und Autor/Regisseur Daniele Szeredy:
    31. Januar 2023 um 20:00 Uhr im Großen Haus, 3. Stock Hausbar
    Vorstellungsbesuch:
    02. Februar 2023 um 20:00 Uhr, Aquarium, mit anschließendem Publikumsgespräch.


    PROFESSOR MAMLOCK
    Friedrich Wolf

    Professor Mamlock ist ein überzeugter Patriot und Demokrat, verwundet im Ersten Weltkrieg und für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Mit großer Disziplin hat er eine Klinik aufgebaut und genießt am Vorabend der »Machtergreifung« der Nazis einen herausragenden Ruf als Chirurg. Doch mit dem Wechsel der politischen Verhältnisse ist für ihn als Jude sein bisheriges Leben nur noch Makulatur. Ungläubig muss er erleben, wie die Faschisten seine Reputation als Arzt untergraben. Mamlock verliert die Leitung der Klinik und ist dennoch lange nicht gewillt, den ideologischen Irrsinn und die konkrete Gefahr für sein Leben und das seiner Familie anzuerkennen.

    Der Arzt, Dramatiker und Politiker Friedrich Wolf (1888 – 1953) zeigt den beginnenden Prozess der politischen und menschlichen Katastrophe, an deren Ende der Holocaust stehen sollte, in einer atemberaubenden, kammerspielartigen Verdichtung. Beklemmend ist, mit welcher Geschwindigkeit die neue Ideologie Raum greift und an Macht gewinnt. Während Mamlock immer noch an den Prinzipien von Vernunft und Aufklärung festhält, bricht sich der Faschismus Bahn mit Verfolgung, Folter und Mord. Das Stück schrieb Friedrich Wolf 1933 im französischen Exil, als unmittelbares Zeugnis der politischen Ereignisse. Doch die Historie sollte uns dafür sensibilisieren, dass Demokratie und Selbstbestimmung heute wie morgen keine Selbstläufer sind und eines kontinuierlichen Schutzes bedürfen.

    Regisseur Christoph Mehler zeigte am Staatstheater Braunschweig zuletzt sehr erfolgreich und mit gewaltigen Bildentwürfen Hans Falladas »Kleiner Mann, was nun?« im Großen Haus.

    Einführungsveranstaltung mit dem Dramaturgen Holger Schröder:
    14. Februar 2023 um 20:00 Uhr im Großen Haus, 3. Stock Hausbar
    Vorstellungsbesuch:
    16. Februar 2023 um 19.30 Uhr im Großen Haus, mit anschließendem Publikumsgespräch in der Hausbar.

    SCHIMMELREITER
    Nach der Novelle von Theodor Storm für die Bühne bearbeitet von Felicitas Brucker

    Der Aufstieg Hauke Heiens zum Deichgrafen ist keine einfache Erfolgsgeschichte. Misstrauen löst dessen Interesse an Mathematik und Naturwissenschaft aus, der Forscherdrang, die manische Suche nach der besten Deichkonstruktion. Der Deich markiert die Grenze zwischen der Gewalt des Meeres, der Natur, dem bewirtschafteten Land des Dorfes. Tiefer, verschwurbelter Aberglaube bestimmt die Dörfler, die lieber einen lebendigen Hund begraben als der planerischen Klarheit des Deichgrafen folgen. Sei die Bedrohung durch eine Sturmflut auch noch so groß. Dieser Deichgraf ist kein einfacher Charakter.

    Ein Außenseiter und ehrgeiziger Sonderling, bei dem sich das permanente Ankämpfen gegen gläserne Decken in Arroganz und Hybris gewandelt hat. Je größer die Kluft zwischen den Welten des Deichgrafen und des Dorfes, umso brüchiger droht der Deich zu werden.

    Theodor Storm findet in seiner Novelle von 1888 große, fantastische Bilder für das Aufeinanderprallen von Natur und Fortschritt, für die unheimliche Macht einer Gesellschaft, die aus Angst vor Erneuerung die Naturkatastrophe geschehen lässt.

    Regisseurin Felicitas Brucker inszenierte zuletzt mit großer Konzentration auf die hochemotional agierenden Darsteller:innen eine eigene Theaterfassung von Kazuo Ishiguros »Alles, was wir geben mussten« im Kleinen Haus.

    Einführungsveranstaltung mit der Dramaturgin Ursula Thinnes:
    18. April 2023 um 20:00 Uhr im Großen Haus, 3. Stock Hausbar
    Vorstellungsbesuch:
    21. April 2023 um 19:30 Uhr im Großen Haus, mit anschließendem Publikumsgespräch in der Hausbar.

    DIE WALKÜREN
    von Caren Erdmuth Jeß
    Uraufführung

    Die preisgekrönte Autorin Caren Jeß hat für das Staatstheater ein Stück geschrieben, das als Schauspiel mit Beteiligung von Musiker:innen im ausgeweiteten »Ring« dort steht, wo sonst »Die Walküre« stünde. »Wir halten die Runen in Glut und schlagen und biegen sie, dass ihr euer Erbe nicht wiedererkennt«, drohen die mythischen Wesen, bei Wagner Sammlerinnen »ehrenvoll Gefallener« für Walhall, in einem der Chöre, die Jeß‘ Stück rhythmisch strukturieren. In ihrer Version erkennt man das »Erbe« sehr wohl. Sie behält Handlungsstränge und Motive von Wagners Libretto bei, überhöht dessen Stoff aber ins Groteske. Sprache immer auch musikalisch denkend, zeichnet sie eine Welt, die fern von unserer zu liegen scheint, ihr aber in allen Auswüchsen von Machtstreben, komplizierten Liebes- und Familienbeziehungen befremdlich ähnelt.
    Eine dekadent gelangweilte Göttersippschaft betreibt hier die Zerstörung einer Welt, für die Wotan längst keinen Plan mehr hat. Motive der Überwucherung, des Menschen als einer Krankheit der Erde durchziehen Jeß‘ Text: Da winden sich Würmer in den Augen der Wälsungen-Zwillinge, wuchern Waffen wie Brombeeren, wachsen psychoaktive Pilze, welkt die Weltesche. Hunding, bei Wagner vor allem tyrannischer Ehemann Sieglindes, ist in Jeß‘ Welt ein wilder Imker, der aus Resten einer im Untergehen befindlichen Zivilisation fantastisches Spielzeug baut. Festgebannt in schwindelnder Höhe, sehnen sich ihre Walküren, gemeinsame Nutzerinnen fossiler Zähne, aus denen sie Weltwissen beziehen, nach Erlösung, hoffen diesbezüglich auf das inzestuös gezeugte Kind Siegfried. Ob es aber tatsächlich Erlösung brächte, bleibt offen.

    Alexandra Holtsch ist nicht nur Regisseurin, sondern auch Komponistin ist. In ihren Arbeiten mixt sie zeitgenössische elektronische Musik mit Werken aus allen Epochen. Als Musikerin entwickelte sie bereits 2013 an der Deutschen Oper Berlin die Auftragskomposition »Der Ring: Next Generation« nach Richard Wagner für Elektronische Musik und Orchester. Als Musikerin – vor allem der Produktionen von Intendantin Dagmar Schlingmann – wie auch als Co-Regisseurin des »Fidelio« hat sie bereits mehrfach in Braunschweig gearbeitet.

    Einführungsveranstaltung mit der Dramaturgin Katharina Gerschler:
    6. Juni 2023 um 20.00 Uhr im Großen Haus, 3. Stock Hausbar
    Vorstellungsbesuch:
    8. Juni 2023 um 19.30 Uhr, im Kleinen Haus, mit anschließendem Publikumsgespräch im Foyer.


     
    Kulissenausschnitt vom Theatergebäude
    Kursnummer WKC02
    Beginn Di. 31.01.2023 20:00 Uhr
    Kursgebühr 131,00 €
    inkl. Vorstellungsbesuche
    Dauer 8 Termine
    insges. 16 Unterrichtsstunden
    Kursleitung Holger Schröder
    Schauspieldramaturg
    Katharina Gerschler
    Schauspieldramaturgin
    Ursula Thinnes
    Kursort Staatstheater Braunschweig, Großes Haus
    Am Theater, 38100 Braunschweig
    Datum
    Di. 31.01.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Do. 02.02.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Di. 14.02.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Do. 16.02.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Di. 18.04.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Fr. 21.04.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Di. 06.06.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort
    Datum
    Do. 08.06.2023
    Uhrzeit
    20:00 - 21:30 Uhr
    Ort


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    Janine Giesemann, Tel. +49 531 2412-214

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